Sofort nach dem Attentat wurde die Ukraine durch die Vertreter Russlands und der „DNR“ des Anschlags beschuldigt. Wo würde aber das Interesse der Ukraine an Zakharchenko's Tod liegen? Wäre es nicht viel mehr im Interesse Russlands ihn zu beseitigen?
Zakharchenko war zweifellos kein Unschuldslamm. Seine Einheit im Kampf gegen die Ukraine war bekannt dafür, unliebsame Personen, unter anderem auch Journalisten wie Stanislav Aseyev, plötzlich verschwinden zu lassen. Seine Beteiligung an terroristischen Aktivitäten ist unbestritten. Auf der anderen Seite war er aber auch ein Verhandler, der das Minsker Abkommen mit erreichte und unterzeichnete.
In den vergangenen zwei Jahren wurde Zakharchenko aber immer unabhängiger von Russland, und brachte insbesondere die wichtigsten Sicherheitskräfte der Rebellenrepublik unter seine persönliche Kontrolle. Dies diente natürlich auch dazu, seine verschiedenen geschäftlichen Interessen zu festigen. Und es drängte den Einfluss Moskaus immer weiter zurück. Genau hier liegt das Problem.
Moskau befindet sich im Bereich der Ostukraine derzeit nicht mehr auf dem Vormarsch. Die Situation auf der besetzten Halbinsel Krim wird immer desolater, da eine ordentliche Versorgung der Bevölkerung – von Russland aus – derzeit nicht sicher gestellt werden kann. Das russische Militär aber verstärkt derzeit seine Truppen an der Grenze zur Ostukraine massiv. Im Asowschen Meer behindern russische Schiffe die Handelsschiffahrt, was einer Seeblockade der ukrainischen Hafenstadt Mariupol gleichkommt. Die Gefahr scheint wieder imminent, dass Russland versuchen wird, militärisch einen Landweg auf die Krim zu erkämpfen. Dazu bräuchte es aber einen Anlassfall, und der Tod des ungeliebten Zakharchenko kommt hier gerade gelegen. Die Frage ist also: Ist das Attentat eine russische Inszenierung für eine Eskalation des Krieges in der Ostukraine?
Bezeichnend ist auch die Beteiligung am Begräbnis Zakharchenko's. Neben den Präsidenten der nicht anerkannten Republiken Süd-Ossetien Anatoly Bibilov, und der Krim Sergei Aksyonov, ist der prominenteste Vertreter die notorische Duma Abgeordnete Natalya Poklonskaya. Poklonskaya kam zu Internetruhm als sie zur Generalstaatsanwältin der „Krimrepublik“ ernannt wurde und wegen ihrer attraktiven Erscheinung in einer Manga Comic Figur als „Superhero“ dargestellt wurde.
Wo würde aber das Interesse der Ukraine liegen Zakharchenko zu beseitigen? Natürlich ist Zakharchenko ein gesetzlich gesuchter Krimineller, aber es ist sicher nicht im ukrainischen Interesse das Minsker Abkommen in Frage zu stellen. Vielmehr versucht Kiew derzeit die internationale Staatengemeinschaft anzuhalten, die eingegangenen Verpflichtungen gegenüber der Ukraine einzuhalten und vor allem die Integrität und Beachtung seiner Grenzen auch in Russland einzufordern. In so einer Situation einen der Haupt-Protagonisten des Abkommens zu beseitigen wäre schlichtweg unsinnig.
Veröffentlicht am 7. September 2018.
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