Die ursprüngliche Idee der repräsentativen Demokratie war es, dass der gewählte Mandatar als Vertreter seiner Wähler die Interessen der Bürger gegen das zunehmende Machtstreben des Staates und seiner Regierung vertritt. „No taxation without representation“, also keine Besteuerung ohne Mitbestimmung, lautete eines der Schlagworte dazu. Konnte man in der Anfangsphase des Parlamentarismus noch davon ausgehen, dass die unterschiedliche Grundhaltung der Parteien eine Wahl zwischen jenen Listen erlaubt, die für mehr Marktwirtschaft und weniger Staatseinfluss oder eben Planwirtschaft und totalen Staatseinfluss standen, so ist diese mögliche Wahl durch die Angleichung der verschiedenen Parteiideologien mittlerweile deutlich eingeschränkt.
Der Gegensatz zwischen Parlament als Vertreter der Interessen der Bürger und der Regierung, die nach mehr Staat strebt, ist mittlerweile ausgedünnt. Die parlamentarische Mehrheit bestimmt die Regierung, deren Führungsspitze mit der Führungsspitze der Partei ident ist. Die Aufgabe der Parlamentsfraktion der Regierungspartei ist es, eine Mehrheit für die Regierungsanliegen im Parlament zu finden. Der Abgeordnete wird – wie das in einem persönlichen Gespräch ein nicht mehr kandidierender Abgeordneter einer Regierungspartei formulierte – zur Durchwinke- und Handhebemaschine.
Die Parlamente haben zwar ein Initiativrecht, in der Realverfassung kommen aber die Gesetze als Regierungsvorlagen ins Parlament. Sie werden in den Ministerien von Beamten geschrieben (in Österreich auch in den Kammern), bei Koalitionsregierungen zwischen den Partei- und gleichzeitig Regierungsspitzen mit Interessen des Partners abgetauscht, und in den Ausschüssen noch pro forma diskutiert, um dann nach einer Debatte (Regierung gegen Opposition) im Plenum durchgewunken zu werden.
Die politische Realverfassung ist also das größte Problem für die eigentliche Idee der repräsentativen, parlamentarischen Demokratie. Damit werden der Staat und seine Bürokratie zum eigentlichen Herrscher. Die Staatsquote steigt, das System erstarrt. „Je mehr Funktionen ein Staat übernimmt, desto schwerer ist seine Verwaltung zu kontrollieren“, um es mit dem vierten der insgesamt 20 Sozialgesetze der verkehrten Proportionen von Felix Somary zu sagen.
Komisch ist, dass diese Frage in der politischen Auseinandersetzung (auch nicht im Wahlkampf) kaum ein Thema ist. Eine einzige – noch junge – Oppositionspartei hat sich dazu geäußert.
Wir brauchen also nicht immer mehr Abgeordnete, die durch die Gunst des jeweiligen Parteichefs (egal ob auf Landes- oder auf Bundesebene) auf die Liste gekommen sind, sondern Kandidaten, die für das freie Mandat kämpfen. Nicht starke Parteiführer sind gefragt, sondern starke und freiheitsliebende Mandatare!
Veröffentlicht am 29.September 2017.