Gleich nach der neuerlichen Eskalation der russischen Aggression gegen die Ukraine boten sich Deutschland und Frankreich als Vermittler in dem Konflikt an. Vladimir Putin war wohl klug genug, mit einer solchen Reaktion zu rechnen. Strategisch denkend hat er schon in den Jahren zuvor dafür gesorgt, dass die europäische Politik gegenüber Moskau orientierungslos geworden ist, und als Vermittler ein massives Glaubwürdigkeitsproblem aufweist.
Es wäre ja nicht das erste Mal, dass einzelne Länder der EU ihre Vermittlung anbieten. Man denke zurück an den Einmarsch Russlands in Georgien und die anschließende Okkupation zweier Teilgebiete (die man dann in die Scheinunabhängigkeit entlassen hat). Frankreich mischte sich massiv ein, mit dem Ergebnis, dass Russland seine Eroberungen behalten konnte und seine Politik der Destabilisierung weiter betreiben konnte. Man ist zur Normalität in der Politik gegenüber Moskau zurückgekehrt.
Dann kam die russische Aggression gegen die Ukraine. Die Annexion der Krim hat man ohne wirkliche Reaktion offenbar zur Kenntnis genommen. Dann kam der Einmarsch in der Ostukraine. Bis zum Abschuss des Passagierflugzeuges, wo es wirklich keinen Zweifel mehr an der russischen Urheberschaft des Verbrechens gibt, kamen aus Europa nur warnende Worte. Erst nach dem Abschuss mischten sich wiederum Deutschland und Frankreich ein. Das Minsker Abkommen sorgte für ein Einfrieren des Konfliktes. Wobei, so ganz eingefroren ist der Konflikt ja nicht, es sterben immer wieder Leute bei Angriffen der russischen Söldner. Deutschland und Frankreich „vermitteln“ weiter, Russland macht aber keine Anstalten den Konflikt durch einen Rückzug zu beenden. Die Vermittlung läuft ins Leere. Vermittlung kann ja nicht darin bestehen, den Aggressor zu ermutigen, weitere Aggressionen zu setzen. Sie müsste dazu führen, den Angreifer zu einer Aufgabe seiner Aggression zu bringen.
Dabei stellt sich auch immer wieder die Frage, wie glaubwürdig einzelne Länder in ihrer Rolle als Vermittler gegenüber der Ukraine sind. Dabei ist nicht nur die Erfolglosigkeit in früheren Vermittlungen wie im Falle Georgiens zu bewerten. Deutschland baut gemeinsam mit Russland neue Gaspipelines, die aus russischer Sicht vor allem ein massives politisches Interesse zeigen: die Ukraine zu umgehen. Viel zu weit ist die Schröderisierung der deutschen Politik bereits gegangen. Welche Staaten Europas könnten sonst als glaubwürdige Vermittler auftreten. Natürlich spielt dabei die Stärke eines Landes eine wichtige Rolle, sie ist aber nicht der einzige Faktor. Österreich hätte hier durchaus eine bedeutende Rolle spielen können. Die intensive Besuchsdiplomatie zwischen Wien und Moskau, die im Laufe dieses Jahres weit über das hinaus ging, was während einer Ratspräsidentschaft oder in deren Vorbereitung normal ist, und bei der bisher nicht klar ist, welchen Zielen sie dienen sollte (sieht man vom gleichen Interesse wie in Deutschland, den Gaslieferungen ab), hat wohl das ehrliche Vermittlerimage Österreichs in der Ukraine etwas beschädigt. Die vielen lauten Stimmen, doch die Sanktionen gegen Russland aufzuheben, machen die Lage nicht besser.
Großbritannien konnte beim Budapester Memorandum noch als glaubwürdige europäische Macht auftreten. Doch das Land ist momentan so intensiv mit seinem Austritt aus der EU beschäftigt, dass es zu schwach für solche Aktionen ist. Bleibt die EU als Ganzes. Doch hier rächt sich nun alles was man zur Herstellung einer europäischen Außenpolitik bisher versäumt hat. Die zuständige Kommissarin spielt hier keine Rolle, weil ihr die Mitgliedsstaaten aus reinem Egoismus diese Rolle nicht geben wollten und auch heute nicht geben wollen.
Offen bleibt, ob man zumindest als Folge der russischen Aggression endlich bereit ist, in der Außenpolitik in einer europäischen Dimension zu denken, oder ob man sich weiter von Moskau an der Nase herumführen lassen will.
Gegenüber der Ukraine bleibt momentan ohnehin nur eine Maßnahme, die man von Seiten der EU ergreifen kann: die Umwandlung der Nachbarschaftspolitik in eine klare Beitrittspolitik, sowie ein Ende des Appeasements gegenüber Moskau. Das wird hart, aber letztlich geht es um die Frage, ob Europa noch eine eigenständige Rolle spielen will.
Der Beitrag erscheint auch auf der Seite der Paneuropabewegung Österreich. www.paneuropa.at/wie-glaubwuerdig-ist-die-eu/ Beitragsbild: © European Union, 2018 / Source: EC-Audiovisual Service / Photo: Etienne Ansotte
Europa und Russland sind keine Gegner. Für eine gute nachbarschaftliche Beziehung ist aber die Einhaltung von Verträgen und eine friedliche Grundhaltung Voraussetzung.
Read more >In wenigen Tagen wird die Erweiterungsstrategie der EU publiziert. In den Ländern Südosteuropas hofft man – zu Recht – auf neue Impulse Richtung Aufnahme in die EU.
Read more >Der Krieg im Jemen wird hierzulande kaum beachtet. Die Ankündigung Saudi-Arabiens, keine Schiiten dulden zu wollen, muss als Ankündigung eines Genozids verstanden werden.
Read more >Die Entlastung der Familien durch den Familienbonus ist ein wichtiger Schritt. Allerdings brauchen wir – nicht nur in Österreich – viele weitere mutige Schritte zur Entlastung.
Read more >Der Balkan, Südosteuropa, ist eindeutig europäisch. Deshalb ist in der Region auch ein verstärktes europäisches Engagement notwendig.
Read more >Europas Stärke liegt im Bekenntnis zu Recht und Freiheit. Dieser Grundsatz muss wieder gestärkt werden.
Read more >Verbirgt sich hinter dem Ruf nach dem Staat und der Regulierung eine Angst vor der Verantwortung?
Read more >Rückblick auf 2017 und Ausblick auf das Gedenkjahr 2018.
Frohe Weihnachten und ein gesegnetes Neues Jahr!
Read more >Der Krieg in Syrien scheint einem Ende entgegen zu gehen. Die Frage ist, wie eine Friedensregelung aussehen wird.
Read more >Es wird viele Gedenken an die verschiedenen Jahrestage im nächsten Jahr geben. Die entscheidende Frage aber wird sein, ob wir aus der Geschichte bereit sind zu lernen.
Read more >NACH OBEN