Europa braucht offene Binnengrenzen

So wichtig die innere Sicherheit ist, so wichtig sind auch offene Binnengrenzen innerhalb der Europäischen Union.

Es klingt ja sehr verlockend. Europa hat ein massives Problem mit einer drückenden Zuwanderung aus nichteuropäischen Kulturen. Das schafft logischerweise Probleme auf verschiedenen Ebenen. Also, so die einfache Lösung für ein kompliziertes Problem: lasst uns die Grenzen der einzelnen Staaten in Europa schließen. Denn, so die Argumentation, damit würde die Sicherheit wiederhergestellt.

Damit macht man auf sicherheitspolitischer Ebene genau das gleiche, was man vor 90 Jahren auf wirtschaftspolitischer Ebene gemacht hat. Weil Europa nach dem Ersten Weltkrieg in Kleinstaaten (und ein paar große Länder) zersplittert war, die großen Wirtschaftsräume durch Zollgrenzen zerstört waren, bekam jeder der Kleinstaaten wirtschaftliche Probleme. Die meinte man damit lösen zu können, dass man Zollschranken errichtete, um so die Waren des Auslandes (das nur wenige Jahre davor noch Inland und damit Binnenmarkt war) draußen zu halten, und der Wirtschaft des eigenen Landes Spielraum zu verschaffen. Weil man den Trugschluss nicht als solchen erkennen wollte, griffen immer mehr Länder zu einer solchen Abschottungspolitik, die aber genau das Gegenteil von dem produzierte, was eigentlich erhofft wurde. Vernünftig wäre es gewesen, die Zollgrenzen abzuschaffen und einen europäischen Binnenmarkt zu ermöglichen. Das Ergebnis dieser falschen (aber verlockenden) Politik ist bekannt.

Zweifelsohne kann es in einer Krisensituation (und im Sommer 2015 wurde durch falsche politische Entscheidungen eine solche Krisensituation geschaffen) angebracht sein, Notmaßnahmen zu treffen. Eine Notmaßnahme ist aber immer nur für eine kurze Zeitspanne sinnvoll. Die vier Grundfreiheiten der Europäischen Union – seit dem Vertrag von Rom 1957 so etwas wie der Kern einer europäischen Verfassung – sollten genau diesen verlockenden Grundfehler aus der Zwischenkriegszeit vermeiden. Ein Binnenmarkt braucht offene Grenzen nach innen. Wer die Welt einmal von Wien oder auch von Innsbruck aus betrachtet, wird sehr rasch feststellen, dass mehrere geschlossene Grenzen im Umkreis von gerade einmal 100 Kilometer ein massives Hindernis für wirtschaftliche Entwicklung, wirtschaftliche Zusammenarbeit und freien Handel darstellen. Das aber sind die Voraussetzungen für jene Entwicklung, die genau den Wohlstand schaffen, den nun einige durch eine Schließung von Grenzen sichern wollen. Ein Trugschluss.

Deshalb ist auch die Umsetzung der Idee des Schengen-Raumes von enormer Bedeutung für Europa. Die Erweiterung des Schengen-Raumes um jene Länder der EU, die ihm noch nicht angehören – und die so wie Kroatien, Bulgarien und Rumänien auch beitreten wollen –, ist ein kurzfristig zu erreichendes politische Ziel, das keinesfalls auf dem Altar des Kopf-in-den-Sand-Populismus geopfert werden darf. Dazu notwendig ist natürlich der schon bei Schaffung des Schengen-Vertrages verlangte gemeinsame Grenzschutz. Der Grenzschutz muss europäische Kompetenz werden (und darf nicht im Sinne des Floriani-Prinzips auf die jeweiligen Grenzländer abgeschoben werden). Das haben übrigens bisher genau jene Innenminister (und ihre Regierungen) verhindert, die nun meinen, mit nationalen Grenzschließungen jenes Problem zu lösen, das durch die Verhinderung eines europäischen Grenzschutzes mitgeschaffen wurde.

Es wird Zeit, dass wir beginnen aus der Geschichte zu lernen!  

 

Der Artikel erscheint auch auf der Seite der Paneuropabewegung Österreich http://www.paneuropa.at/europa-braucht-offene-binnengrenzen.

 

Veröffentlicht am 10. November 2017.

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