Der andere Iran

Es steht für Kenner des Iran außer Zweifel, dass von den vielen Fehlentscheidungen Präsident Trumps der Rückzug aus dem sogenannten „Iran-Abkommen“ (JCPOA) wohl eine der Folgenschwersten ist.

Bereits bei den Verhandlungen zu diesem im Jahr 2015 in Wien unterzeichneten Abkommen war es immer wieder notwendig, die Vertreter Präsident Obamas darauf hinzuweisen, dass der Iran eine historisch gewachsene, nicht arabische, regionale Großmacht ist, und kein rückständiger Kleinstaat, den man beliebig umherschubsen kann. Kaum einem Amerikaner ist heute noch der Name Mossadegh ein Begriff, ein Persischer Staatsmann, der mit Hilfe der CIA beseitigt wurde. Im Iran kennt jedes Kleinkind den Namen und die Rolle, die die USA bei seiner Eliminierung spielte. Ein Eingriff, den man Amerika (und Großbritannien) bis heute nicht verziehen hat.

Überhaupt wird der Iran im Westen völlig falsch beurteilt, und die meisten Medien tragen auch nicht gerade zur Aufklärung bei. Man gewinnt hier den Eindruck, Iran sei eine Theokratie, deren Hauptanliegen die Unterdrückung der Frauen und die Unterstützung von Terrororganisationen sei. Wer weiß schon, dass sich derzeit ein Regierungsausschuss mit der Abschaffung der Kopftuch-Tragepflicht befasst? Bei Saudi-Arabien gerät man in Verzückung, wenn Frauen den Führerschein machen dürfen. Den Frauen des Iran sind solche Kleinigkeiten eine Selbstverständlichkeit. Ich möchte damit nicht den Eindruck erwecken, dass im Iran Frauen alle Rechte hätten, ich will nur den Unterschied in der Betrachtungsweise hervorheben.

Der Iran ist von seiner politischen Struktur her ein sozialistisches Land mit kommunistisch-totalitären Zügen. Dazu gehören 5-Jahres Pläne und andere wirtschaftsfeindliche Maßnahmen. Über allem befindet sich eine religiöse Tünche, die im Westen überbewertet ist. Die Wirtschaftssanktionen tragen sicherlich nicht zur Stabilität im Nahen Osten bei. Von den bisherigen Sanktionen, die nach der Aufkündigung des JCPOA Abkommens durch Donald Trump im Iran am meisten schmerzen, sind Textilien, und damit Teppiche, betroffen.

Im November kommen dann Öl und Ölprodukte auf die Sanktionsliste, kurz darauf kommt die Aufhebung des SWIFT-Abkommens. Dies wird bewirken, dass eine Kommunikation zwischen europäischen Banken und Institutionen im Iran durch die USA untersagt werden kann, und damit jede Bank, die mit dem Iran Geschäfte macht, durch die Vereinigten Staaten bestraft werden kann. Hier zeigt sich auch ein gravierendes Versäumnis Europas. Bei der Einführung des Euro wurde verabsäumt, ein europäisches Kommunikationsmittel und Zahlungssystem für Banken einzuführen, das auch ohne US-Kontrolle funktionieren kann. Es erschien damals offenbar unmöglich, dass einmal eine Situation eintreten würde, in der die USA und die EU unterschiedliche Positionen vertreten, mit der Folge, dass plötzlich die USA über SWIFT europäische Banken und Firmen sanktioniert, obwohl ihre Geschäfte unter europäischen Gesetzen völlig legal sind.

Wir werden wohl im Verlauf der kommenden Monate ein interessantes Aufblühen von Kryptowährungen und anderen alternativen Zahlungsmethoden erleben, um diesen Fehler zu kompensieren. Auch der Tauschhandel wird eine neue Blüte erleben. Der Iran hat bereits einige Jahrzehnte Sanktionen miterlebt, er weiß, wie man sich vorbereitet.

 

Der Artikel erscheint auch auf der Seite der Paneuropabewegung Österreich.

 

Veröffentlicht am 5. Oktober 2018.

Weblog EN

Mut zur Verantwortung

Rede zur Zukunft Europas, Karl von Habsburg, 11. Jänner 2024

Read more >

Aus gegebenem Anlass

Eine Klarstellung zum Kaiserlich Österreichischen Franz Joseph-Orden (1849 – 1919)

Read more >

Putins Ziel ist die Kontrolle der Ukraine

Das Vorsitzland im UN-Sicherheitsrat führt einen brutalen Eroberungskrieg gegen die Ukraine. Eine Stellungnahme von Karl von Habsburg

Read more >

Ukraine defends the freedom of Europe

The EU must now prove that it has the ability to act in foreign policy. By Karl von Habsburg

Read more >

Ukraine verteidigt die Freiheit Europas

Die EU muss nun beweisen, dass sie außenpolitische Handlungsfähigkeit besitzt.

Read more >

Der Kampf um die Seele Europas

Rede zur Zukunft Europas 11.Jänner 2022

Read more >

Weihnachtsbotschaft 2021

Das Jahr 2021 neigt sich dem Ende zu, neuerlich steht ein Weihnachtsfest vor der Tür, das nach wie vor durch die Corona-Situation geprägt sein wird.

Read more >

Rede zur Zukunft Europas

Am 11. Jänner 2021 feierte Karl von Habsburg seinen 60. Geburtstag. Den nutze er, um seine „Rede zur Zukunft Europas“ zu halten, in der er nicht nur einen europäischen Außenminister forderte, sondern auch einen Vorschlag für eine...

Read more >

Weihnachtsbotschaft 2020

Ich wünsche Ihnen und Ihren Familien von ganzen Herzen ein frohes Weihnachtsfest und ein segensreiches Neues Jahr!

Read more >

Geopolitik und Menschenrechte

Die massiven Wahlfälschungen in Belarus haben die Bürger des Landes gegen den Langzeitherrscher Alexander Lukashenko aufgebracht. Der Diktator, dessen Regime auch nicht vor Mord zurückschreckt, stammt noch aus der Sowjetzeit....

Read more >
Karl von Habsburg mit seiner Großmutter I.K.u.K.H. Kaiserin Zita von Österreich
Karl von Habsburg auf BlueShield Mission
Sanct Georgs Orden Umzug
Karl von Habsburg übernimmt die Standarte des KÖL als neuer Oberster Bandinhaber von seinem Vater Otto von Habsburg
KvH mit Ferdinand Zvonimir und einem Geistlichen
Karl von Habsburg mit seiner Frau Francesca und den drei Kindern
Otto von Habsburg und seine Frau Regina mit allen Kindern
KvH mit seinem Sohn Ferdinand Zvonimir im Rennstall

NACH OBEN