Einer der Punkte in dem Positionspapier, das die Paneuropabewegung Österreich zur Europawahl verabschiedet hat lautet: „Eine Bankenunion beispielsweise – die durch Ausdehnung der Haftungsgemeinschaft ein Anreiz zum moral hazard anstatt zur Sorgfaltsplicht ist – lehnen wir genauso ab wie die Idee eines eigenen Budgets für die Eurozone oder eines eigenen Parlaments für die Eurozone.“
Die beiden Punkte zur Eurozone würden nur eine zusätzliche Institution schaffen, die nur für einen Teil der Europäischen Union sprechen könnte, und damit genauso wie das eigene Budget für die Eurozone zu einer weiteren Zerteilung der EU-Politik führen. Das mag interessant sein für jene, die vom Marsch durch die Institutionen träumen, bringt aber der europäischen Einigung keinen neuen Schwung.
Zur Ablehnung der Bankenunion kam in einem Gespräch einmal die kritische Anmerkung: Warum muss die Paneuropabewegung sich mit solchen Punkten beschäftigen, es sollte doch vielmehr um die Wertepolitik gehen. Genau das ist der Punkt. Wir reden sehr viel und sehr gerne über Werte, weil man da oft sehr schön herumphilosophieren kann, aber letztlich fehlt die Antwort auf die Frage: wie setzt man Werte dann um. Oder anders ausgedrückt: jede konkrete politische Maßnahme steht für einen dahinterstehenden Wert. Auch die Bankenunion ist Ausdruck einer bestimmten Wertehaltung. Sie steht für Staatsinterventionismus und planwirtschaftliche Eingriffe.
Einen Satz vor der Nennung der Bankenunion in dem Positionspapier steht, dass sich die Paneuropabewegung zu einer Wirtschaftspolitik bekennt, „die sich an den Grundsätzen der Marktwirtschaft und des Rechtsstaates orientiert“. Marktwirtschaft und Rechtsstaat sind eng miteinander verknüpft. Der Rechtsstaat setzt Rahmenbedingungen, die für alle gelten, egal wie nah sie der Politik sind, egal welche Position sie haben. Der Rechtsstaat wird nicht zum wirtschaftlichen Akteur. Marktwirtschaft kennt den wichtigen Grundsatz der Eigenverantwortung, der Haftung (im positiven wie im negativen Sinn) für die eigenen Handlungen. Genau diesen Grundsätzen – Werten – widerspricht die Bankenunion.
Auch Banken und ihre Eigentümer müssen für Fehler haften. Die Privatisierung der Gewinne und Sozialisierung der Verluste widerspricht den Grundsätzen der Marktwirtschaft und auch dem Rechtsstaat. Selbstverständlich können staatliche Behörden in einer Bankenkrise zur Sicherung der Aufrechterhaltung des Zahlungsverkehrs eingreifen, bis die marode Bank abgewickelt ist. Aber jede Bank muss für sich selbst haften, um so eine Ausbreitung der Krise zu unterbinden. Ein größerer Haftungsverbund verschleiert die Haftung der einzelnen Institute. Je größer der Haftungsverbund wird, desto höher ist der Anreiz zum moral hazard, also zu einem Fehlverhalten.
Wir kennen das Muster aus vielen Studien über das Verhalten von Gruppen die gemeinsam essen gehen. Normalerweise zahlt jeder seine Rechnung selber, es sei dennm es wird eine konkrete Einladung von jemandem ausgesprochen, der allerdings dann auch zahlen muss. Wird hingegen vereinbart, dass es eine gemeinsame Rechnung gibt, die dann durch die Anzahl der Köpfe geteilt wird, vergessen einzelne Teilnehmer der Runde gerne ihre sonst geübte Sparsamkeit, und verschleiern die von ihnen verursachten höheren Kosten im Zahlungsverbund. Draufzahlen tun jene, die sparsam bestellen, weil sie mehr zahlen müssen, als sie selber als Risiko eingegangen sind. Dieses Beispiel kann auf andere Haftungsverbände übertragen werden.
Auch wirtschaftspolitische Entscheidungen betreffen also Wertehaltungen. Wer Wertepolitik ernst meint, muss auch die konkrete Umsetzung bewerten. Nutzen Sie am Sonntag Ihr Wahlrecht. Nächste Woche wird es dann einige Anmerkungen zu den Ergebnissen der Europawahl geben.
Der Artikel erscheint auch auf der Seite der Paneuropabewegung Österreich.
Veröffentlicht am 24. Mai 2019.
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